Chakren, die Energiezentren des Körpers, gehören irgendwie zum Yoga. Das weiß man. Trotzdem finden wir in der bunten, Asana-dominierten Yoga-Szene kaum Anknüpfungen an dieses yogische Ur-Thema.
Ralph Skuban und Richard Hackenberg haben sich diesem Thema angenommen und ich habe gezielt dieses Buch neben ca. 10 anderen deutschsprachigen Chakra-Büchern ausgewählt. Das hat einen guten Grund. Ralph Skuban konnte mich bereits in seiner Übersetzung und Interpretation der Yogasutra, dem Pranayama-Buch und dem Thomas-Evangelium begeistern. Er schafft es aus meiner Sicht sehr gut westliche Leser mit diesen östlichen Weisheiten und Yoga-Themen vertraut zu machen. Dabei gelingt es ihm immer wieder einen guten Bogen zwischen der Östlichen Weisheitstradition des Yoga und vor allem der christlichen Mystik, die dem christlich geprägten Menschen vertrauter ist, einen Bogen zu spannen. Was es mir vor allem bei Philosophischen Themen hilft, eine gute Vorstellung davon zu bekommen. Und dennoch schreibt Skuban exakt und kratzt nie an der Oberfläche. das schafft kaum ein Anderer. Für mich als Yogalehrer sind diese Bücher immer gelungen und ich lese sie mehrfach, um immer wieder aufzufrischen und zu vertiefen. Aber auch weniger Erfahrerene Yogis und Yoginis werden hier abgeholt.
Chakren - aber was kommt vorher
Chakren sind die Enrgiezentren in unserem Körper. Was das bedeutet wird dem Leser im Einführungskapitel genau und dennoch verständlich erklärt. Chakren sind nämlich nicht, wie man es vermuten mag oder es auch oft fehlgedeutet wird, mit Nervenknotenpunkten oder Verdichtung von Blutgefäßen im Körper gleichzusetzten. Um Chakren zu verstehen bedarf es einer Vorstellung von Prana (Energie), Koshas (Körpern), Vayus(Winde / Ströme), Nadis (Flüsse/Kanäle). Diese können meistens nicht anatomisch beschrieben werden. Also kommt man nicht um Yogische Philosophie umhin. So wird hier jeder/jede die/der es genau wissen möchte abgeholt. Für mich eine sehr gute und in keiner Weise langweilige Auffrischung meines Wissens, was ich aus meinem Pranayama Teacher Training bereits mitgebracht habe. Hier schlossen sich für mich also Kreise, was sehr wichtig ist, ein Gesamtbild zu erlangen.
Chakren - von unten nach oben
Im Hauptteil nehmen sich Hackenberg und Skuban den sieben Zentren an. Dabei gehen sie chronologisch von unten nach oben vor. Angefangen beim Muladhara Chakra bis zum Sahasrara-Chakra. Das macht Sinn und es würde wohl auch niemand anders machen. Weil es sich hier um ein Praxisbuch handelt, sollte man auch bei den grundlegenden Dingen beginnen, die hier auch den Ausgangspunkt der Chakra-Praxis darstellen werden. Dabei leiten die Autoren jedes Chakra mit seinen grundlegenden Lebensthemen und deren Bedeutung ein. So steht das Muladhara-Charka für unser Überleben und unsere Sicherheit. Außerdem flechten sie gekonnt einige Yoga-Themen von Kapitel zu Kapitel ein, die dem versierten Yogi bekannt vorkommen, was auch hier nicht langatmig oder langweilig wird. Es folgt für jedes Chakra das sogenannte (Bija-)Mantra, sowie passende Asanas (Yogastellugen). Die Mantrananleitungen sind immer gleich aufgebaut, was dazu verleitet diese einfach zu überblättern. Hier wäre etwas mehr Abwechslung oder eine aufeinander aufbauende Praxis für mich etwas fesselnder gewesen. Die Asanateile wurden mit schönen Bildern und sehr detailiierten Texten und Hinweisen zum sicheren Praktizieren aus meiner Sicht sehr verständlich beschrieben. Neben einfach Basis-Asanas wie Tadasana (Berghaltung) und Shavasana (Totenhaltung) finden sich unterschiedliche Asanas passend für jedes Chakra mit einigen Varianten. Hackenberg und Skuban legen sehr viel Wert aus eine sichere Ausführung. Damit grenzen sie sich verantwortungsvoll vom Trend ab, dass jeder scheinbar alles können muss. Der Kopfstand I, Sirsasana, wird uns hier nicht erklärt, weil die Autoren nur Menschen mit ausgezeichneter Schultermuskulatur und gesunder Halswirbelsäule diese Stellung empfehlen. Und die Erklärung erfahrenen YogalehrerInnen in live Stunden überlassen. Das gefällt!
Danach folgen noch Zusatzinformationen zum jeweiligen Chakra, wie der/die Yogi(ni) diese aktiviert und auch wo die Stolpersteine liegen.
Abschließend findet man die Meditation zu jedem Chakra, die ähnlich wie die Mantren kurz in einem Kasten wiedergegeben sind.
Gekonnt war auch die Verknüpfung mit der Yogasutra von Patanjali, dem 2000 Jahre alten Yoga-Grundlagenwerk. Wobei man hier einfach aus Skuban's Werk zu Patanjali zitiert hat. Aber wen stört es, weil Skuban auch hier ein Buch geschrieben hat, was wegen seiner Professionalität auch in vielen Lehrerausbildungen benutzt wird.
Praxistipps und Abschluss
Am Ende des Buches finden sich kurze Zusammenfassungen, wie man die Praxis in Asana mit kurzen Übungssequenzen, Pranayama, Mantra und Meditation umsetzen kann.
Das Buch Ende mit einem Glossar von Sanskrit-Wörtern und ihrer deutschn Übersetzung oder Erläuterung. Das eignet sich gut zum Naschlagen und Lernen von häufig benutzten Sanskrit-Wörtern.
Insgesamt finde ich diese Buch ausgezeichnet. Oft habe ich vorher einen Bogen um das Thema Chakren gemacht, weil zu theoretisch, zu umständlich, zu esoterisch. Hier habe ich jedoch ein Standardwerk gefunden, das ich jetzt häufiger aus dem Bücherregal - ups ich hab's mir als EBook gekauft - greifen werde. Dank seiner verständlichen Beschreibung der Körpersysteme und Yoga-Philosophischen Auflügen ist das Buch für jede(n) Yogi(ni), der/die nicht nur an der theoretischen Definition der Chakren interessiert ist, sondern auch praktisch üben möchte, geeignet. Klare Kaufempfehlung!
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